Welche Veränderungen kommen mit dem Web 2.0 auf Unternehmen zu?
Frank Kemper, Stellv. Chefredakteur INTERNET WORLD Business: Was von Web 2.0 reines Marketing-Buzz ist und was von Dauer, das wird sich zeigen. Für mich zerfällt Web 2.0 in zwei Aspekte, den Technik-Aspekt und den soziokulturellen Aspekt. Der Technik-Aspekt ist spannend und unmittelbar: Web-Services tauschen Daten miteinander aus und schaffen so Mehrwert. Das Ergebnis sind interaktive Stadtpläne, in denen ich ein Restaurant nicht nur finde, sondern auch gleich die Speisekarte, eine VoIP-Verbindung zur Tischreservierung, die Meinungen von Gästen über das Essen und die aktuelle Restaurantkritik aus der Tageszeitung. Oder eine Kundenverwaltung, die mir die Lage meiner Key-Account-Kunden auf einer Landkarte anzeigt, mir für eine Rundreise eine Route vorschlägt und gleich anzeigt, welche brauchbaren Hotels entlang der Route liegen – und ob sie Zimmer frei haben. Diese neuen technischen Möglichkeiten eröffnen Unternehmen unmittelbar neue Geschäftsmodelle – wenn diese Unternehmen kreativ und schnell genug sind.
Ebenfalls spannend ist der Trend zur digitalen Identität. Menschen definieren sich nicht mehr nur über ihr Auto, ihr Haus, ihr Boot, ihren Freundeskreis und ihre Karriere. Sie sind stolz, auf Lycos IQ einen Expertenrang erreicht zu haben, auf Flickr.com Kommentare zu ihren Bildern zu lesen und auf Delicious.com mit ihren Links anderen Menschen weiterzuhelfen. Diese grundsätzliche Bereitschaft zum Aufgehen in einer Community können Unternehmen nutzen, um neue Wege zu finden, wie sie sich selbst in der Öffentlichkeit darstellen und wie sie mit ihren Kunden kommunizieren. Die heute noch vielfach anzutreffende Methode, einfach auf Reichweite und Frequenz zu setzen – und jede freie Fläche mit Werbung zuzuballern – wird sich tot laufen. Wer in Zukunft seinen Kunden etwas verkaufen will, muss ihr Interesse wecken, aber er darf sie nicht nerven.
Sehr spannend wird Web 2.0, wenn man es mit mobilen Geräten verknüpft. Google Maps ist schon ziemlich klasse, aber Google Maps in einem Auto-Navigationssystem oder auf einem Handy, das ist eine neue Ebene – vor allem, wenn die Mobilfunk-Datentarife ein marktgängiges Niveau erreicht haben. Und die Unternehmen, die sich nicht beizeiten darum gekümmert haben, hier gut auszusehen, werden in Zukunft eben weniger Kunden haben.
Einfach, weils so schön zu diesem Beitrag passt und es vielleicht noch nicht alle gesehen haben - Technorati hat dazu ein interessantes Video produziert:
http://www.techcrunch.com/2006/08/08/web-20-the-24-minute-documentary/
24 Minuten lang 14 Web 2.0 Startup CEOs im Interview.
Wer keine 24 Minuten erübrigen kann, kann sich auch erstmal als Appetithäppchen ein paar wenige Kernaussagen durchlesen:
http://www.karsten-hoffmann.com/2006/08/09/web20-aus-sicht-der-macher/
Kommentiert von: Karsten Hoffmann | 10. August 06 um 11:56 Uhr
Eine sehr treffende Anmerkung zur Werbeunwirksamkeit! Die Herausforderung für Unternehmen: Wer ist noch zu einem Dialog mit dem Kunden fähig und wer erkennt rechtzeitig die Bedeutung und Auswirkungen dieser Rückkanäle?
Kommentiert von: Jan Erik Meyer | 09. August 06 um 11:30 Uhr